Projektarbeit: Interviews zur Schulgründung

 

Interview mit
Altbürgermeister Franz Seebauer
(*1913 -  +2012)

1. Bgm.: 1966 - 1978

 

Herr Seebauer, Sie waren nach unseren Unterlagen die entscheidende Person bei der Gründung der Realschule Prien. Könnten Sie uns bitte die Ereignisse bei der Gründung schildern?

Das hat eine lange Vorgeschichte. Mir persönlich ist der Ausbau des Ortes Prien zum kompletten Schulort sehr am Herzen gelegen Es ist ja das Besondere gewesen, dass die höheren Schulen bei uns, die ja an sich Aufgabe des Landkreises sind, praktisch privat gegründet wurden. Von der Gemeinde unterstützt oder umgekehrt wie bei der Realschule gleich direkt von der Gemeinde angegangen worden sind mit Unterstützung auch der Bürgerschaft durch ein Schulgeld. An sich wäre dies Aufgabe des Landkreises gewesen.

Der Landkreis hat zwar durch unser Tätigwerden bereits im Schulentwicklungsplan die Realschule enthalten, also dafür haben wir von Prien aus schon gesorgt. Aber das weiß ich nicht mehr auswendig wie lange das schon her ist. Vorgenommen habe ich mir das eben für dann, wenn der Oberbürgermeister von Rosenheim wieder beim Landkreis um Unterstützung bittet. Also, statt dass der Landkreis dazu bezahlt zu den Schulen, da waren wir der Meinung, diese Schule lieber selbst haben zu wollen, als dass der Landkreis den Rosenheimer Schulen Unterstützung gibt und die Kinder müssen so weit fahren. Auf diesen Startschuss habe ich gewartet.

Der jetzige Landrat Herr Dr. Gimple war damals Schulreferent im Landratsamt. Er hat uns wissen lassen, dass jetzt der richtige Zeitpunkt wäre, das zu machen. Und ich bin dann auch sofort tätig geworden.

Ich hatte ja schon dafür gesorgt, dass wir in den Schulentwicklungsplan kommen. Um die Schule hier zu verankern, war von mir aus geplant, einen Zweckverband zu gründen, so dass nicht nur der Markt Prien sondern alle Gemeinden Träger der Schule würden. Ich versprach mir davon eine größere Annahmebereitschaft für die Schule.

Ich bin also von Gemeinde zu Gemeinde, es waren damals, glaube ich, 16 Gemeinden (das war noch vor der Gebietsreform). Da bin ich zu den Bürgermeistern hingefahren und habe mit ihnen gesprochen, und die waren alle dafür, dass wir hier in Prien eine Realschule gründen.

Lediglich Endorf hätte gerne selbst die Schule gehabt. Aber Endorf ist für diese Schule nicht zentral genug gewesen, wenn man davon ausgeht, dass der Schulverband an der Tiroler Grenze beginnt bis ausschließlich Seebruck geht vom Norden noch her, da war Prien natürlich der zentrale Ort. Schon auch deshalb, weil auch die Gymnasiasten aus diesem Bereich kommen, so dass, wenn verkehrlich etwas organisiert wird, eben das gleichzeitig für beide gebraucht werden könnte. Es ist ja unnatürlich, wenn die einen nach Endorf fahren müssten und die anderen nach Prien.
Wir Bürgermeister waren uns einig darüber, dass das in Prien sein muss. Nur der Endorfer Bürgermeister wollte das an sich ziehen.

Daraufhin lud ich die Bürgermeister zur Gründungsversammlung des Schulverbandes ins Haus des Gastes bei uns ein. Ich hatte natürlich den Bürgermeister Linseis von Endorf auch eingeladen gehabt. Er sagte bei der Einladung ”Franz, du weißt schon, dass ich selbst daran interessiert bin.” Ich sagte darauf: ”Na ja, das ist ja klar, aber es wird sich ja entscheiden.” Er saß da und hörte eineinhalb Stunden nur zu. Dann rückte er heraus. Er hatte eingesehen, dass alles komplett auf den Zweckverband hinläuft. Dann hat er etwa gesagt: ”Ich habe einen Gemeinderatsbeschluss, dass wir die Schule als eine Kommunale Schule in Endorf machen. Und wenn das zustande kommt, dann brauchen die anderen Gemeinden die Last nicht zu tragen." Es wird dann lediglich eine Umlage festgelegt. Die Gemeinden kämen dann billiger weg. Bei den Bürgermeistern zeigte sich Betretenheit. Dann vertagen wir uns. Wie sollen die anderen Bürgermeister der Gemeinden etwas sagen? Wenn wir die Kinder nach Endorf schicken, brauchen wir nichts zu bezahlen, und wenn wir sie nach Prien schicken, müssen wir etwas bezahlen. Damals sagte Linseis, dass er einen Gemeinderatsbeschluss hat für eine kommunale Schule. Später stellte sich heraus, dass er keinen Beschluss hatte.

Dann habe ich meinen Gemeinderat darüber unterrichtet, wie das Gespräch gelaufen ist. Und habe dazu geraten, dass wir eine kommunale Schule machen, damit wir die gleichen Verhältnisse herstellen, wie sie Endorf angeboten hatte. Der Gemeinderat hat mitgezogen.

Dazu muss ich aber noch folgendes sagen: Vorausgegangen ist natürlich auch ein Gespräch mit dem Landrat Knott, der mir ausreden wollte, dass wir eine Schule gründen. Er hat praktisch für das Kultusministerium gesprochen, das die Schule nicht hier haben wollte.

Denn es hatte sich schon festgelegt, eine Realschule in Marquartstein entstehen zu lassen. Und sie meinten, man sollte die Kinder in diese Schule schicken. Wir waren aber dagegen. Mein persönliches Bestreben und auch das des Gemeinderates, von dem ich immer volle Deckung bekam, war es den Schulort hier zu komplettieren. Wir haben schon eine weiterführende Schule, die zum Abitur führt, jetzt wollten wir auch noch die andere ergänzend hier haben.

Das war ein Gespräch, das sehr ungut verlaufen ist, weil der Landrat wollte, dass ich mein Bestreben, die Schule hierher zu bringen, aufgebe. Ich habe deshalb, da ich schon wusste, dass der Landrat nicht recht mitmachen würde, Herrn Kollmannsberger, der war damals mein Vertreter, mitgenommen. Dem Landrat haben wir unsere Argumente und Zahlen vorgetragen. Man weiß ja, wie die Bevölkerung aufgebaut ist, wie viele Kinder vorhanden sind und so weiter. Wir haben ausgerechnet, dass wir genügend Schüler haben, was sich auch dann bewahrheitet hat und unser Vorhaben bestätigte.

Bevor wir dann auseinander gingen meinte er, ich sollte meinen Plan aufgeben. Ich sagte ihm, dass dies nicht meine Meinung sei, aber ich würde den Gemeinderat darüber unterrichten. Ich weiß noch gut, mein Vertreter und ich, haben uns im Landratsamt auf eine Bank gesetzt und rekapituliert, was da alles an Argumenten für oder gegen eine Realschule sprach. Dann habe ich gesagt: ”Ich bin der Meinung, wir tragen das dem Gemeinderat vor und bekräftigen den Gemeinderat, dass wir es trotzdem machen.”
Der Gemeinderat hat mir Deckung zu dem Vorhaben gegeben, und ich habe es dann (als kommunale Schule) durchgezogen.

Der Schulaufbau war zum damaligen Zeitpunkt für mich sehr schwer, denn ich hatte keine Ahnung, was man für eine Schule alles braucht und was man alles haben muss. Unter anderem war ich ja auch Kreistagsmitglied und in diesem Zusammenhang bin ich ein paar Tage später bei einer Kreistagssitzung mit Herrn Werner Schneider zusammen getroffen, unserem späteren Rektor. Ich habe ihm von unserem Vorhaben, eine Realschule zu gründen, erzählt. Ich sprach mit ihm über meine Schwierigkeiten und sagte ihm, dass ich einen Fachberater bräuchte, der mir als Laien mit Rat und Tat zur Seite stehen würde. Das kann mir weder der Oberstudiendirektor vom Gymnasium noch der Rektor von der Volksschule sagen, da brauche ich jemanden, der auf diesem Gebiet Erfahrung hat.

Herr Schneider sagte: ”Da könnte ich dich schon beraten, ich bin ja eigentlich Realschullehrer”. Ich antwortete ihm darauf, dass ich ihn herzlich darum bitten würde und vereinbarte mit ihm einen Besprechungstermin.
In den Akten müssten dazu natürlich auch Protokolle vorhanden sein. Nach der ersten Sitzung wurde sichtbar, was wir alles brauchen. Nachdem wir mehrere Sitzungen hinter uns hatten, sagte er: ”Du Franz, da wäre ich jetzt direkt selber daran interessiert, das zu machen. Da hätte ich jetzt direkt Lust, die Pionierarbeit als Schulgründer und als Rektor das Projekt zu übernehmen”. Ich sagte: ”Werner, ich bin froh, wenn ich jemanden habe, der das durchzieht, von mir bekommst du jede Unterstützung. Ich stelle das zur Verfügung, was ich habe, das Geld, die Organisation und was halt so notwendig ist und du dein Fachwissen.”

Auf diese Weise hat sich da eine sehr gute Verbindung ergeben und das begann dann auch sehr gut zu laufen.
Jetzt muss ich noch folgendes sagen, so eine Schulgründung ist natürlich auch für eine Kommune eine kostspielige Geschichte, heute ist anscheinend die Finanzausstattung etwas günstiger, weil man doch sehr viele freiwillige Sachen machen kann. Aus diesem Grunde habe ich eine Bürgerversammlung einberufen, die sehr gut besucht war. Dabei habe ich die anwesenden Bürger um Unterstützung in Form eines freiwilligen Schulgeldes gebeten. Als Form wurde ein Förderverein vorgeschlagen, der dann spontan gegründet wurde.

Einfach war die Zeit nicht, das muss ich schon sagen. Da hat es Pannen über Pannen gegeben, wo du halt wieder ausrücken musstest. Einmal hat da was gefehlt, ein andermal hier. Aber es geht dann schon, wenn man auf ein Ziel hinarbeitet, und es ist dann auch Gott sei Dank gelungen. Heute ist der Schulort komplett. Später ist dann noch die Waldorfschule dazugekommen, was ebenfalls ein Gewinn für den Ort ist.

 

Welchen Einfluss hatte die Bürgerinitiative?

Diese Bürgerinitiative war ja praktisch der Förderverein und der Grundstein. Aus dieser Bürgerinitiative ist der Förderverein der Realschule hervorgegangen. Die Bürgerinitiative hat viel alleine gemacht, hatte aber immer meine Unterstützung.

 

Wie groß war Ihr Einfluss?

Als Bürgermeister dieser Gemeinde haben wir das gewollt, das geht aus dem hervor, dass ich schon weit vorher tätig geworden bin, um das alles in den Schulentwicklungsplan zu bekommen. Dies hat alles erleichtert, deshalb haben wir einen Boden gehabt. Wir haben es dann nur noch vollzogen und sagten uns, wenn es der Landrat nicht macht, machen es halt wir. Das Ministerium war dagegen, aber das Ministerium muss solche Schulen anerkennen, wenn all die Voraussetzungen stimmen, wie die räumliche Unterbringung und das Lehrpersonal. Wenn die Voraussetzungen wie bei den anderen auch vorliegen, können sie nicht nein sagen. Allerdings unterstützt haben sie die Schule nicht, weil sie ja gegen diese Schule waren. Unser damaliger Landrat Knott, der hat in Ausübung seines Amtes oder sagen wir, im Auftrag des Ministeriums versucht, die Schulgründung zu verhindern. Es geht aber alles, wenn man die besseren Argumente hat.

 

Warum haben Sie die Gründung der Realschule unterstützt? Hatten Sie persönliches Interesse daran?

Am Anfang hatte ich keine persönlichen Interessen an der Schule, aber später ist ein Enkel, der Andreas Seebauer auf die Schule gegangen. Aber ich habe es nicht gemacht, um selber noch Kinder drinnen zu haben, sondern einfach im Interesse der Priener Bürger und auch im Interesse des westlichen Chiemgaus.

 

Wie beurteilen Sie das Jahr 1976 aus heutiger Sicht?

Ich würde es heute immer wieder machen, ohne Zweifel. Ich würde keinen Schritt anders machen, als ich damals gemacht habe, dass ich die Schule gegen den Landrat durchgesetzt habe und dass sie heute funktioniert, und dass die Schule so läuft, dass sie auch in der Zukunft Bestand hat, auf das bin ich schon stolz. Den Mut dazu hat nämlich nicht jeder. Unsere Vorausrechnungen haben genau gestimmt, und das war für uns die Basis. Ich bin der Meinung, wenn der Ort attraktiv gestaltet sein soll, gehören die Schulen dazu, und warum sollten die Schüler nach Rosenheim oder Wasserburg fahren, wenn hier der geeignete Platz für eine solche Schule ist. Denn jeder, der hier herzieht, überlegt sich, wo er seine Kinder in die Schule schicken soll. Dadurch bekommt man besseres und qualifiziertes Personal her. Darum wollte auch der Bürgermeister von Endorf die Schule in Endorf haben. Mit so einer Entstehung hängt sehr viel zusammen. Die Schule ist mir ans Herz gewachsen, weil ich sie gegen alle Widerstände durchgebracht habe.

 

Interview mit
Landrat Dr. Max Gimple

 


Sehr geehrter Herr Dr. Gimple, wir sind die Schülerinnen der „Arbeitsgemeinschaft Geschichte“ der Realschule Prien und nehmen am Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten teil. Er hat dieses Jahr als Thema „PROTEST - Aufbegehren, Handeln, Verändern“. Wir wollen eine Arbeit über „Protest“ in unserer Heimatgemeinde schreiben und zwar auf Anregung unseres Tutors Dr. Peter Hattenkofer über die Gründung unserer Schule gegen das Bayerische Kultusministerium.

 

Welchen Einfluss hatte dabei die Priener Bürgerinitiative?

Darf ich zunächst einmal fragen, welche Bürgerinitiative?

 

Die Bürgerinitiative, die Herr Seebauer gegründet hat.

Das war keine Bürgerinitiative, nur dass wir den richtigen Einstieg finden. Sie meinen, was 1976 zur Gründung der Realschule geführt hat?

Unter einer Bürgerinitiative versteht man immer eine Bewegung aus der Bevölkerung heraus, um gegen etwas oder für etwas zu sein. Die Realschule in Prien ist aber nicht über einen solchen Protest, also formierten Protest zustande gekommen. Die Realschule in Prien hat andere historische Wurzeln.

Es war 1975 in Stadt und Landkreis Rosenheim so, dass die Schüler in den Realschulen deutlich zunahmen. Es gab damals in unserem Landkreis weder in Prien noch in Brannenburg eine Realschule. Sowohl aus dem Chiemgau als auch aus dem Inntal fuhren die Realschüler nach Rosenheim in die dortige Mädchenrealschule oder in die Knabenrealschule, und es wurden jedes Jahr mehr. Es bestand die Gefahr, dass die Schülerinnen und Schüler aus dem Landkreis in den überfüllten Schulen nicht mehr unterkommen könnten. Und gerade zu diesem Zeitpunkt, als die Schülerzahlen so ungeheuer wuchsen, hat der damalige Oberbürgermeister von Rosenheim, Herr Dr. Steinbeißer, an den Landrat Knott sinngemäß folgendes geschrieben:

„Sehr verehrter Herr Kollege, es tut mir leid, aber wir können keine Schüler mehr aufnehmen, wir sind restlos voll. Das gilt insbesondere für die Städtische Mädchenrealschule, dort ist aus Gründen der Feuersicherheit die Gesamtschülerzahl unbedingt zu reduzieren “. Und dann kam - sinngemäß - der entscheidende Satz im Brief des Oberbürgermeisters:

„Wir können nur dann noch weitere Schüler aufnehmen, wenn der Landkreis sich entschließen könnte, sich an den Kosten der Schule zu beteiligen“. Der Oberbürgermeister sah also in der großen Schülerzahl eine günstige Gelegenheit, den Landkreis zur Kasse zu bitten.

Als Landrat Knott diesen Brief las, saß ich ihm gegenüber - damals als juristischer Staatsbeamter. Knott hat getobt und sich über die Unverfrorenheit des damaligen Oberbürgermeisters erregt. Er hatte es als unverschämt angesehen, dass der Oberbürgermeister das Thema „Feuersicherheit“ vorgeschoben hat, in Wirklichkeit aber nur eine Beteiligung des Landkreises an den Kosten der Städtischen Realschule erzwingen wollte.

Wir haben uns danach überlegt, wie wir aus dieser Klemme wieder herauskommen könnten. Uns war klar, wenn wir zahlen, triumphiert der Oberbürgermeister. Vor allem haben wir erwogen, im Landkreis eine eigene Realschule zu errichten. Das wollte aber der damalige Landrat Knott auch nicht, weil er meinte, die Kosten dafür seien unerschwinglich.

Daraufhin habe ich mit meinem Freund Lenz Kollmannsberger, jetziger Bürgermeister von Prien, - er war zu dieser Zeit Zweiter Bürgermeister - kurzgeschlossen. Ich war hier am Landratsamt juristischer Staatsbeamter und für Schulen zuständig und habe ihm den Vorschlag gemacht, er sollte doch eine Realschule in Prien ins Auge fassen und zwar als Zweckverbandsschule mit allen Chiemgaugemeinden zusammen. Das heißt, dass alle Gemeinden um Prien herum sich an den Kosten für diese Schule beteiligen bzw. sich zu diesem Zweck zusammenschließen sollten. Das hat Herr Kollmannsberger zugesagt. Er hat es dann auch mit dem damaligen Ersten Bürgermeister der Gemeinde Prien und mit der Fraktionsvorsitzenden der CSU, Frau Feßler, die mittlerweile schon verstorben ist, besprochen. Beide haben mir daraufhin Bereitschaft signalisiert. Dann gingen die Vorbereitungen los.

Der Priener Bürgermeister hat, und das ist jetzt eine weitere interessante Begebenheit, die Bürgermeister des Chiemgaus eingeladen, um ihnen den Vorschlag zu unterbreiten, so eine Realschule als Gemeinschaftslösung zu tragen, also sich zu einem Zweckverband zusammenzuschließen, um eine Realschule in Prien zu errichten. Das hätte bedeutet, dass alle Gemeinden nach Maßgabe der Bevölkerungszahl und der Schülerzahl an den Kosten einer Realschule beteiligt werden sollten. In dieser Versammlung passierte folgendes:

Der Bürgermeister von Endorf, Herr Linseis, erhob sich und sagte, er biete an, dass die Schule in Endorf errichtet werde und keine Nachbargemeinde etwas zahlen müsse, vielmehr wollte die Gemeinde Endorf die gesamten Kosten übernehmen. Die passenden Räume für den Anfang habe er schon zur Verfügung wie z. B. den Pfarrsaal usw.

Daraufhin hat der ehemalige Bürgermeister von Breitbrunn, Herr Ganterer, ein sehr wortgewaltiger Mann - vielleicht kennt ihn jemand - gesagt: „Franz, jetzt musst Du Dir was einfallen lassen“. Gemeint war der Bürgermeister Seebauer von Prien. Ungefähr so fuhr Ganterer fort: „Wenn der Endorfer Bürgermeister mit seiner Gemeinde die Schule allein aufziehen will, dann musst Du das auch anbieten. Sonst kann es passieren, dass wir übrigen Bürgermeister es lieber die Endorfer machen lassen; dann brauchen wir jedenfalls nicht mitzahlen“. Das war praktisch die Geburtsstunde dafür, dass die Gemeinde Prien sich entschlossen hat, die Schule allein und ohne Beteiligung der Nachbargemeinden auszubauen. Das war also ein zweites nettes Erlebnis.

Und es folgte auch noch eine dritte interessante Begebenheit. Wir hatten damals eine kleine Delegation zusammengestellt: Der damalige Landrat Knott, meine Wenigkeit als Mitarbeiter, der zuständige Landtagsabgeordnete Neubauer und dann der Bürgermeister von Prien. Wir wollten versuchen, dass die Realschule Prien zwar kommt, aber als staatliche Realschule, um Kosten zu sparen. Mit diesem Ziel sprachen wir beim damaligen Kultusminister Maier vor. Landrat Knott hat dem Minister folgendes zu verstehen gegeben:

Also wir brauchen die Schule auf Biegen und Brechen; allerdings meinen wir, dass der Staat gefordert ist, weil die Kommunen überfordert sind“. Darauf hat uns der zuständige Referent des Ministers, ein Dr. Aßmann, lang und breit vorgerechnet, dass zwischen Traunstein und Rosenheim überhaupt keine Realschule erforderlich sei, da die vorhandenen Schulen den Bedarf ganz leicht abdecken können. Der Staat beabsichtige gar nicht, in diesem Raum - weder in Prien noch sonst wo - eine Schule zu errichten.

Diese Besprechung war also ergebnislos verlaufen. Wir hatten nicht erreicht, dass in Prien eine staatliche Schule errichtet wird. Es blieb also dabei: Der Markt Prien musste eine gemeindeeigene Realschule errichten. Das interessante daran ist, dass der Staat wenige Jahre später in Marquartstein dann doch eine weitere Realschule errichtete. Das war eine große Enttäuschung. Die Aussage des Ministeriums, nach seinen Berechnungen sei zwischen Rosenheim und Traunstein keine Realschule notwendig und der Staat werde auch keine errichten, war also glatt die Unwahrheit.

Kaum hatte Prien die kommunale Realschule errichtet, denkt der Staat plötzlich um und hält die Errichtung einer weiteren Realschule in diesem Raum, nämlich in Marquartstein, für unbedingt erforderlich. Seine Absicht war - und das wahrscheinlich schon zu einem Zeitpunkt, als wir damals beim Kultusminister vorsprachen - eine weitere staatliche Realschule in Marquartstein zu errichten, und deswegen wurde versucht, uns auszureden, hier in Prien eine Realschule zu errichten. Also das sind drei Geschichten, die mir zur Gründung der Realschule einfallen.

Das ganze Geschehen hatte sich - kurzgefasst - so abgespielt:
Landrat Knott hat die Initiative zur Gründung einer kommunalen Realschule gebilligt. Der Kopf, der das Unternehmen ausgeheckt hat, war ich als juristischer Staatsbeamter am Landratsamt; mein verlängerter Arm war mein Freund Kollmannsberger, damals Zweiter Bürgermeister in Prien; dieser hatte einen kurzen Draht zur Mehrheitsfraktion mit der Vorsitzenden Feßler und zu Bürgermeister Seebauer. So kam die Realschule dann zustande.

Heute ist die Schule ja keine gemeindliche mehr, sondern eine Schule des Landkreises. Denn der Landkreis hat zwischenzeitlich das Schulgebäude und die Lehrerschaft übernommen.

 

Warum haben Sie die Gründung der Realschule unterstützt? Hatten Sie persönliches Interesse daran?

Persönliches Interesse null. Ich war nur für das Schulwesen hier verantwortlich und mir kam es darauf an, nach der Kreisgebietsreform ein Schulsystem aufzubauen, das zukunftsvorbereitend war und den Entwicklungen im Schulbereich Rechnung trug.

Das war das eine, und dann sah ich dem geschilderten Zerwürfnis zwischen Stadt und Landkreis Rosenheim die Chance, hier in einem relativ großen Umfeld des Landkreises eine solche Schule zur errichten.

 

Welchen Einfluss hatte Ihrer Meinung nach die Bürgerinitiative?

Eine Bürgerinitiative in dem Sinne gab es ja nicht; also ich müsste mich täuschen, auf Landkreisebene sicher nicht. Auf Gemeindeebene war es meines Erachtens auch ein kleiner Teil von Kommunalpolitikern: Bürgermeister, stellvertretender Bürgermeister, Gemeinderat, die dies initiiert haben. Da weiß der Herr Kollmannsberger aber sicher mehr, ob es da eine reine Bürgerinitiative in dieser Richtung gegeben hat.

 

Wie groß war Ihr Einfluss?

Bei den damaligen kommunalpolitischen Entscheidungen war ich als Beamter ein typischer Hintergrundmann. Aber wenn ich es auf den Punkt bringe, ohne mein Engagement im Hintergrund wäre die Realschule wahrscheinlich nie entstanden. Ich habe als Jurist hier im Amt gewusst, wie man solche Dinge in Gang setzt, wie man eine Schule strukturiert, welche Ansprüche man gegen den Staat hat und wie eine Trägerschaft für eine Schule dieser Art rechtlich aussieht. Diese Informationen habe ich mit entsprechenden Anstößen weitergegeben an den damaligen Landrat Knott und an die Gemeinde Prien. Die Bürgermeister Seebauer und Kollmannsberger haben die Chance ergriffen und die Realschule eröffnet.

 

Wer war gegen die Realschule?

Sicher der zuständige Referent im Kultusministerium und der Kultusminister, ich nehme auch an, dass man es damals im Raum Grassau und Marquartstein nicht mit Wohlwollen gesehen hat, weil man befürchtete, dass mit der Errichtung einer Realschule in Prien das Entstehen einer weiteren Schule in Marquartstein gefährdet sein könnte. Die Stadt Rosenheim hat es wohl ebenfalls nicht mit Wohlwollen gesehen, weil man gehofft hatte, den Landkreis mehr zur Mitzahlung an der Städtischen Realschule bewegen zu können. Diese Hoffnung hatte sich nunmehr zerschlagen.

 

Was sagen Sie zu dem Jahr 1973?

Ich weiß nicht mehr, ob das 73, 74 oder 75 war, ich weiß nur noch, dass dies eine Zeit explodierender Schülerzahlen war, und deshalb die Rahmenbedingungen für die Gründung einer kommunalen Realschule in Prien günstig waren. Ich weiß im Übrigen nur, dass auch schon vor dem auslösenden Schreiben des Rosenheimer Oberbürgermeisters in Prien der Wunsch bestanden hatte, eine Realschule zu bekommen.

 

Wir beurteilen Sie das Jahr 1976 aus heutiger Sicht?

Es war ein Segen für den Chiemgau und für Prien, denn damit war Prien ein Schulsitz für verschiedene Schultypen geworden, ein wirkliches Bildungszentrum. Auf diese besondere Weise ist aber nie eine Realschule zustande gekommen, also gegen den erklärten Willen des Staates.

 

 

Interview mit
Herrn Lothar Rechberger

Woran erinnern Sie sich bei der Entstehung der Realschule Prien?

Die Entstehung der RS ist eigentlich eine Bürgerbewegung gewesen, nicht gegen sondern für etwas. Es gab in Marquartstein eine, Mittelschule hat es damals glaube ich geheißen, und in Rosenheim und in Wasserburg. Die Priener Kinder sind zum Teil nach Wasserburg gefahren und dort waren die Klassen überfüllt. Nach Rosenheim sind viele mit dem Zug gefahren und überall war eigentlich das schulische Angebot da, auch in Prien gab es die Grund- und Hauptschule und das Gymnasium. Dazwischen aber nichts. Die Mehrzahl der Schüler, die nicht in das Gymnasium gegangen sind, hat also deswegen den Sprung nach Rosenheim, Wasserburg und Marquartstein gescheut und ist in die Hauptschule gegangen.

Aber das hat Folgen gehabt, unter anderem für die Wirtschaft. Weder für Behörden, noch für Firmen gab es ausgebildete Leute für das sog. mittlere Management. Die Firmen und Banken haben das beklagt und die Eltern der Schüler, die da eben auswandern mussten, haben sich auch beklagt und zwar zum Teil heftig in der Bürgerversammlung.

Dann gab es da einen Ministerialbeauftragten in München für die Realschulen und der hat dann auf Anfrage der Gemeinde Prien, so ungefähr gesagt, im Chiemgau besteht kein weiterer Bedarf für eine weitere Realschule und diese Antwort hat eigentlich die Geschichte ins Rollen gebracht. Da haben wir gesagt, dann machen wir es eben selber.

Es gab im Hotel Wagner dann eine 1. Versammlung. Da waren ungefähr 30 - 35 Leute da, ich nicht, aber ich habe natürlich davon gewusst.

In der nächsten Woche drauf, war sozusagen eine Gründungsversammlung, nicht offiziell als Verein, sondern als Bewegung. Da waren vielleicht 15 Aktivisten und 20, die es unterstützt haben. Aus den 15 haben wir dann so eine Art Arbeitskreis gebildet, mit dem Thema: "Wer hat Ideen? Wie können wir was machen?" Da waren unter anderem der König, damals Direktor der Volksbank, dabei in so einem Kreis. Ich war bei einem anderen, aber es gab noch einen. Dann haben wir uns wieder getroffen, und dann haben wir gesagt, ja, das muss gehen.

Wir haben gesagt, wir gründen einen Verein, der die Sache unterstützt, denn der Seebauer hat gesagt, wir haben das Gebäude in der Seestraße und das wird unser Gründungsgebäude.
Das war ein Schülerheim vom LTG, die Leute sind aber ausgezogen, weil niemand mehr als interner Internatsschüler da wohnen wollte, dann war das zufällig greifbar.

Der Förderverein wurde vielleicht einen Monat später gegründet. Jedenfalls war die Gründungsversammlung ein großer Erfolg, wir haben auf Anhieb ca. 70 Mitglieder gehabt und haben dann gesagt, die wichtigsten Leute sind die Eltern der Schüler im ersten Schulgang. Wir haben dann eine Quote von 90 % gehabt, der Eltern, die Schüler in der Schule gehabt haben.

Die sind dann Mitglieder geworden, denn das Unterstützen hat ja den Schulbetrieb unwahrscheinlich verbessert. Wenn man sich vorstellt, außer dem nackten Haus und ein paar Schulmöbel war nicht viel da.

Der Werner Schneider, Gründungsrektor, den der Seebauer aus Wasserburg engagiert hat, war besten Willens, aber praktisch gefesselt. Er hat gesagt, dass ist Pflichtausstattung, alles andere ist freiwillig. Und immer wenn etwas freiwillig war, ist er auf unserer Matte gestanden. Nach drei Jahren waren wir relativ gut ausgestattet, ein ganzes Schulwesen.

Noch mal zurück zum Entstehen. Ich bin überzeugt, wenn nicht der Seebauer, zu dem ich oft ein gespanntes, in dem Fall aber sehr inniges Verhältnis gehabt hatte, so dickköpfig gewesen wäre und vorgegangen wäre wie ein Panzer, gäbe es die RS heute nicht. Denn das Kultusministerium in München, das war eigentlich für uns die größte Enttäuschung.

 

Inwieweit können Sie sich noch an die Ereignisse der Gründung erinnern?

Ein paar habe ich ja schon erzählt, mit der Gründungsversammlung und das, was bis zur Gründungsversammlung gelaufen ist. Das war so das Wichtigste. Die Gründungsversammlung selbst war bloß der formelle Akt, wo man mich dann zum Vorstand gewählt hat.

Ganz wichtig war die Frau Huber. Wir haben dann überlegt, wer könnte denn Interesse haben an der Realschule?

Dann hat irgendwer die Idee gehabt, ja, gehen wir das Telefonbuch durch. Von Aschau, Bernau, Prien, Rimsting bis Endorf. Breitbrunn natürlich auch noch. Dann haben wir die Namen aus dem Telefonbuch heraus geschrieben, und haben denen allen einen Brief geschickt. Das war nicht ganz so erfolgreich, weil es vielleicht zu unpersönlich war.

 

Warum haben Sie die Gründung der RSP unterstützt?

Ganz einfach, weil ich von der Sache überzeugt war, dass es Mangel war, dass das schulische Angebot im Chiemgau ein Loch hatte. Wir haben Sonderschulen und was weiß ich noch. Aber eben keine Ausbildungsstätte für Berufe, wo man in die Verwaltung gehen will und so was.

 

Wie haben Sie Ihren Standpunkt für die Gründung vertreten?

Die Gründung war eine zwangsläufige Sache, die in Deutschland noch recht einfach verlaufen muss. Es muss ein eingetragener Verein sein, der förderungswürdig ist und auch Spendenbescheinigungen herstellen kann. Und der Zweck war ja anerkannt vom Finanzamt als Selbsthilfeeinrichtung sozusagen.

 

Haben Sie Einfluss beim Kultusministerium, beim Landratsamt oder bei der Gemeinde gehabt?

Bei der Gemeinde waren wir ja ständig. Mit dem Seebauer haben wir immer einen guten Kontakt gehabt, und er war ja eingebunden in die Vorstandschaft. Wir haben einen 1. und 2. Vorstand gehabt, einen Schriftführer, einen Kassierer, so wie ein anderer Verein auch. In dem Beirat war nicht der Name, sondern die Position des 1. Bürgermeisters. Egal wer das ist, er ist in der erweiterten Vorstandschaft immer dabei. War also immer der Ideensammler, wenn es ans Kultusministerium gegangen ist, und hat organisatorisch was gebracht.

 

Wer war Ihrer Erinnerung nach gegen die Gründung und warum?

Gegen die Gründung war in erster Linie das Kultusministerium, weil es wahrscheinlich die Kosten gescheut hat.
Das Argument, der Bedarf ist nicht da, war meiner Meinung nach vorgeschoben. Das haben wir ja widerlegt. In kürzester Zeit war die Bude voll, wir haben ja Leute ablehnen müssen. Die Anmeldungen waren weit mehr für die Schule, als wir unterbringen konnten. Wir haben die Klassen ja gesteckt voll gemacht und dann gesagt, auf Weihnachten gibt es noch eine Hürde, die heißt Zwischenbeurteilung, und dann sind jedes Mal so 5 % - 10 % wieder gegangen, damit die Klassen nicht so überfüllt waren.

Gegen die Gründung der RS war zunächst auch der Landkreis. Aus dem gleichen Grund. Der hatte kein Haus, der hatte kein Geld. Aber das hat sich dann geändert. Wie die RS gut gelaufen ist, hat der Landkreis einen Großteil der Sachkosten übernommen, der Gemeinde Prien also erstattet, denn die Gemeinde wäre ja überfordert gewesen, wenn das so weiter gegangen wäre. Später ist dann der Landkreis der Sachträger offiziell geworden.

 

Interview mit
1. Bürgermeister Lorenz Kollmannsberger
(*1940 - +2009)

1. Bgm.: 1978 - 2002

 

Wir sind Schüler der Realschule Prien und nehmen an einem geschichtlichen Wettbewerb teil, der sich mit Protesten beschäftigt. In diesem Zusammenhang haben wir uns das Thema "Die Gründung der Realschule Prien" herausgesucht und uns für Sie einige Fragen ausgedacht.

 

Da war doch eine Bürgerinitiative. War diese wichtig in Ihrem Sinne oder war sie überflüssig?

Von einer Bürgerinitiative weiß ich nichts. Also, der Vater der Realschule ist der damalige Oberregierungsrat Dr. Gimple im Landratsamt. Der hat mich, damals war ich zweiter Bürgermeister, an einem Abend angerufen und hat gesagt, jetzt ist es soweit, der Oberbürgermeister und der Landrat können sich nicht einigen wegen der Realschüler, jetzt wäre genau der Zeitpunkt, um in Prien eine Realschule zu gründen.

Und dann habe ich am nächsten Tag mit dem ersten Bürgermeister gesprochen, mit dem Herrn Seebauer und habe das dem erzählt.
Da hat er gesagt: ”Mensch ja, das wäre eine gute Idee.”
Und da kann es sein, dass sich initiativähnliche Gespräche entwickelt haben.

Ich war also bei einem Gespräch beim Landrat Knott, der sich gewehrt hat, weil er wusste, dass das Kultusministerium für unseren Raum keine entsprechenden Zahlen rausgefunden hat, der hat also gesagt, in Prien braucht ihr keine Realschule, es reicht eine in Rosenheim und Traunstein. Ich war dann im Kultusministerium, die haben mir einen Roman erzählt und gesagt, warum wir da keine Realschule brauchen. Die haben sich dagegen gesträubt, und ich bin dann wieder zum Oberregierungsrat Dr. Gimple und habe gesagt, das Kultusministerium ist ja allmächtig, die sagen, wir brauchen keine Realschule.

Da sagte er: ”Das ist egal, nach meinen Zahlen lohnt sich eine Realschule.”
Es stimmt, er hat mir dann mal empfohlen eine Initiative zu gründen. Wir mussten dann auch schauen, dass der Landrat mitmacht und ich habe dem Landrat dann gesagt, wir machen es trotzdem und wir werden die Realschule gründen.

Herr Seebauer und wir im Gemeinderat haben gesagt das ziehen wir durch. Dann gab es noch eine Störung von den Endorfern, weil die auch eine Realschule wollten.

Der damalige Bürgermeister hat also versucht, verschiedene Kollegen auf seine Seite zu ziehen. Dann haben wir das mit dem Gebäude so gemacht: Also, wir waren zunächst im Ludwig-Thoma-Haus, bis wir ein leeres Gebäude angeboten bekamen. Da hat dann der Gründungsrektor, das war der Herr Schneider aus Wasserburg, dort mit dem Unterricht begonnen, gegen den Widerstand des Kultusministerium, insofern ist ”Protest” natürlich richtig, und auch ein bisschen gegen den Widerstand des Landrats Knott, haben wir mit dem Dr. Gimple die Realschule mit der erste Klasse begonnen.

Das ist also so ein bisschen über die geschichtliche Entstehung der Realschule. Also, ich weiß nicht, wer meint, dass er der Gründungsvater ist, ich bin es auf jeden Fall nicht, sondern der Dr. Gimple. Ich habe nur alles an den ersten Bürgermeister und an den Landrat Knott weitergegeben. Ich war auch oft im Kultusministerium, da ich glaubte, ohne das geht es nicht.

Der Gimple hat gesagt, wir machen es trotzdem, auch ohne die. Er sagte, seine Zahlen stimmen und sie haben auch gestimmt.

Noch mal zur Bürgerinitiative. Eine öffentliche Bürgerinitiative, wie man sie sonst hat, gab es nicht. Dann gab es da noch das Wettrennen mit Endorf, weil die auch eine Realschule haben wollten. Die haben auch schon Räume angeboten.

Und dann haben wir und die Eltern uns erst mal um den Gründungsrektor gekümmert, den der Herr Seebauer ausgesucht hat. Der Herr Rechberger war von der Elternseite her mordsaktiv.
Aber eine Initiative, mit Geld und Satzung und so, gab es nicht, ich war ja bei allen Sitzungen dabei.

Der Dr. Gimple hat ohne mich sicher auch Gespräche geführt, da er ja nun der große Drahtzieher war. Er hat geschaut, dass sein Chef der Landrat, nichts dagegen macht, er hätte natürlich schon was dagegen machen können.

 

Wie war es mit den öffentlichen Realschulen, den so genannten Mittelschulen?

Die Schüler sind nach Rosenheim gefahren und haben es natürlich im Zweifel auf dem Priener Gymnasium versucht. Das darf man nicht vergessen, dass einige Eltern gesagt haben, bevor mein Kind nach Rosenheim fährt, probieren wir es hier auf dem Gymnasium. Das ist natürlich dann schief gegangen. Nun gut.

Dann haben wir es mit der Verstaatlichung probiert. Ich glaube das war dann die einzige kommunale Realschule in Bayern.
Ich habe gesagt, dass gibt es ja nicht. Das muss entweder der Landkreis oder der Staat machen. Der Gimple hat gesagt, der Landkreis macht‘s nicht und der Staat ist strikt dagegen.
Später hat der Landkreis dann doch mitgemacht und die hohen Kosten für Lehrer usw. übernommen.

 

War es für Sie schwierig, Ihren Standpunkt zu vertreten? Und wie haben Sie es geschafft, dass die Realschule nach Prien und nicht nach Endorf gekommen ist?

Nun gut. Ich habe damals die Interessen der Gemeinde Prien zu vertreten gehabt. Aber die Überzeugungsarbeit ist nur deswegen gelungen, weil der Herr Gimple sagte: ”Das packen wir schon.” Seine Kompetenz als Spezialist in Schulfragen, und er ist auch ein glänzender Jurist, hat genau gewusst, der Staat muss uns letztendlich die Lehrer zahlen. Wenn wir den Bedarf bejahen, kann es der Landrat nicht verhindern und der Staat muss zahlen. Wir müssen nur diese Kompetenz voll ausspielen und sagen, wir haben Räume, wir haben einen Bedarf und wir stellen jetzt einen Antrag. Dann muss es gehen.

Und wir haben dann sofort die Räume beschaffen, waren also etwas schneller als die Endorfer. Also die Kompetenz vom Gimple hat uns überzeugt, dass wir das schaffen. Und weil wir überzeugt waren, haben wir auch die Leute überzeugt.
Wenn ich alleine gewesen wäre, hätte ich es nicht geschafft.

 

Wie groß war Ihr Einfluss beim Landratsamt, der Gemeinde und der Regierung?

Also, beim Herrn Seebauer musste ich keinen Einfluss geltend machen, der war ein freudiger Befürworter für die Realschule. Den Landrat Knott dafür zu überzeugen, dass er nichts dagegen macht, das war eine Juristenkunst.
Denn er hat weder auf den Herrn Seebauer besonders gehört, noch auf den Oberregierungsrat besonders gehört. Ich war damals Rechtsanwalt und hatte mit ihm andere Dinge auch zu besprechen. Deshalb war da schon ein gewisses Vertrauen gewesen. Der hat also ertragen, dass wir das so durchbeißen. Das war schon ein Einfluss. Im Kultusministerium, da mussten wir keinen Einfluss haben, die haben wir auch erst mit Erfolg überzeugt, weil einfach die Schüler da waren.

 

Haben Sie Ihre Kinder oder Enkelkinder auf die Realschule geschickt?

Ja, wir haben viele Kollmannsberger dort gehabt. Meine zwar nicht, weil sie nicht begabt genug waren, aber so Neffen usw. schon. Freilich, man denkt auch an die eigenen, aber in erster Linie doch an die Priener und die Umgebung wegen der weiten Wege.

 

Finden Sie aus der heutigen Sicht, dass es sich gelohnt hat, und würden Sie es wieder machen?

Ja, ich würde es wieder machen. Auch wenn sie dem Landkreis gehört, es ist immer noch unsere Realschule. Ich würde für die Realschule kämpfen. Natürlich war sie unser liebstes Kind, das wird dem Herrn Seebauer genauso gehen, einfach weil es eine schwere Geburt war.

Auch der Herr Gimple würde für sie kämpfen, weil er eben viel für die Entstehung getan hat. Er hat den Anstoß gegeben.
Und in Rosenheim sagte man, die dortigen Schulen können keine Schüler mehr aufnehmen, aus feuertechnischen Gründen. Ich glaube, das war für den Gimple das Zeichen anzufangen.

 

Interview mit Frau Therese Huber

Frau Huber, woran erinnern Sie sich über die Entstehung der Realschule? Inwieweit können Sie sich noch an die Ereignisse der Gründung erinnern?

Der Herr Seebauer hat die Vorbereitungen getroffen und als er die Bürgerversammlung einberufen hat, ist alles schon ein bisschen angeleiert gewesen. Die Tochter haben wir auf dem Gymnasium auf der Fraueninsel gehabt. Dann hat es geheißen, es gibt in Prien eine Realschule. Nichts wie hin dann.

Ich war der Kassier von Anfang an und die Frau Negele ist als Schriftführerin benannt worden. Das ist ein Plakat von damals. Da müsste einiges Material noch vorhanden sein.

26.07.76 war eine Versammlung für Interessenten an der Realschule, ob ohne oder mit Kind. Damals hat sie das Amt der Kassiererin von Herrn Seebauer erhalten.

Dann musste ich am 19.08.76 in die Volksbank wegen eines Kontos für die Realschule. Und am 26.08.76 zum Notar Medicus wegen der Unterschrift für den Förderverein. Inzwischen war am 16.08.76 die erste Vorstandsversammlung.

Am 13.09.76 war die Einschreibung für die zwei Klassen von jeweils 36 höchstens, nicht alle interessierten Kinder konnten aufgenommen werden.

15.09.76 war Besichtigung der Schule von Seiten der Eltern, das war das jetzige Ludwig-Thoma-Haus mit zwei Klassenräumen.

16.09.76 war der 1. Schultag von der Realschule Prien. Ganz lustig waren die damaligen Vorbereitungen für die Klassenräume im Ludwig-Thoma-Haus, man musste die Decken prüfen, ob die standhalten für zwei Schulklassen. Also sind alle versammelten Eltern, soweit sie da waren, in den 1. Stock gebeten worden und mussten rumhüpfen und unten wurde geschaut, ob die Decken die zwei Klassen vertragen.

Es waren zwei 7. Klassen, der Herr Schneider hatte sich vom Staatsdienst beurlauben lassen, und hat die Realschule übernommen. Er hat dann die Realschule 6 Jahre geleitet und ist zurück in den Staatsdienst in die Fachoberschule in Wasserburg.

Die Eltern waren sehr interessiert an der neuen Schule und haben sich fast alle spontan bereit erklärt zur monatlichen Zahlung von 20 DM.

Wir haben zwei Gruppen die bezahlen, nämlich Schülereltern, die interessiert waren, damals waren die Eltern sehr interessiert, damit die Schule überhaupt zustande kommt. Und dann haben wir noch eine Gruppe Fördermitglieder, die keine Kinder haben, und einen jährlichen Beitrag von 30 DM bezahlen. Von Anfang bis heute haben wir ungefähr 450 000 DM über diese Beiträge übermitteln können. Darauf bin ich sehr stolz.

Die ersten Lehrkräfte waren der Herr Schneider, der Herr Tremmel und die Frau Strasser und die anderen weiß ich nicht mehr.”

 

Wir hätten noch einige Fragen, bitte versuchen Sie, die Fragen so gut es geht zu beantworten. Warum haben sie eigentlich die Gründung der Realschule unterstützt?”

Im aller eigensten Sinne, weil wir eine Tochter gehabt haben. Wir waren sehr interessiert an einer Realschule, speziell für die eigene Familie. Der Bedarf war einfach dagewesen. Es gab ja nur in Traunstein und in Rosenheim Realschulen.

 

Welchen Einfluss hatten Sie persönlich?

Als Schülereltern natürlich nicht viel. Auch nicht in der Vorstandschaft. Das hat alles meinem Wissen nach der Herr Seebauer erledigt, und der hat sich sehr eingesetzt.

 

Wer war Ihrer Erinnerung nach gegen die Gründung?

 

Meines Wissens nach nur das Kultusministerium.”

 

Wie haben die Nachbargemeinden darauf reagiert?

Es gab einen Konkurrenzkampf mit Endorf, doch Prien hat sich behauptet.

 

Glauben Sie, dass die Aktivitäten der Bürgerinitiative sich positiv auf die Entstehung ausgewirkt haben?

Unbedingt, dass man damit an die Öffentlichkeit gegangen ist, da dürfte noch Werbematerial vorhanden sein. An einem Abend haben wir die ganzen Geschäftsleute angeschrieben, dass die Bescheid wissen.

 

Wie beurteilen Sie aus heutiger Sicht das Gründungsjahr 1976 der Realschule Prien?

Wir waren alle sehr froh, dass die Schule gegründet worden ist.